Kabarett Statt-Theater, 1981 und 1982

  • Rolle: Verschiedene
  • Autor: Peter Nikisch
  • Ort: Regensburg
  • Auftritte: 1981 "Die Nervensägen" und 1982 "Deutschland ein Befried(ig)ungsproblem"

Mittelbayerische Zeitung, 09.12.2009

30 Jahre allerfeinste geistige Hochkultur
Das Statt-Theater feiert sich selbst – für 30 Jahre Kabarett und seine 25 Jahre alte Heimstatt. Und wird dabei genial unterstützt.

Regensburg. Die Liste der Gastkünstler der Jubiläumsfeier im Regensburger Kulturspeicher liest sich wie ein „Who is Who“ der deutschen Kabarettszene: Holger Paetz, Peter Vollmer, Maria Peschek, Dietrich Piano Paul, Andreas Breiing oder Ludger Wilhelm von „Die Buschtrommel“ oder alle beide und eventuell auch Helmut Ruge werden am Montag kommen, um eine Institution zu feiern, die sich in Regensburg mit spitzer Zunge und Hartnäckigkeit, eiskalt und doch warmherzig, mit messerscharfem Verstand und doch Charme, durchgesetzt und auch noch in eigenen Mauern mitten in der Altstadt festgebissen hat: das Statt-Theater. Seit 30 Jahren nimmt das Ensemble um Peter Nikisch politische und gesellschaftliche Entwicklungen aufs Korn. Nach fünfjährigem Nomadenleben bezog es vor exakt 25 Jahren, mit erster Vorstellung am 14.Oktober 1984, in der Winklergasse Stellung.

Dort lief nicht nur das Statt-Theater zu neuer Form auf, auch andere Kabarettisten starteten von hier aus große Karrieren, wie Willy Astor, und blieben dem Haus als Stammgäste auf der Bühne treu, selbst wenn Sie schon längt die Hallen füllten: Von Dieter Nuhr, Georg Schramm, Urban Priol, Andreas Giebel, Volker Pispers, Frank Lüdecke, Michael Altinger, Luise Kinseher, Matthias Deutschmann bis zu Evelyn Künecke und Helen Vita zog es alle auf die Kellerbühne.

Die Anfänge des Statt-Theaters liegen in einer Zeit, in der man ganz selbstverständlich im Kreis der Familie „Die Stachelschweine“ und die „Lach- und Schießgesellschaft“ am Fernsehen guckte. Peter Nikisch kam 1979 zum Studenten-Kabarett „Just for fun“. Er machte die Texte, die die Schüler und Studenten in Endlosdiskussionen zerfledderten.

Dann fanden sich die entscheidenden Leute: Michael Zollner, Wolfgang Meier, Cornelia Rother (Bergler), Madeleine Streiber, Eva Schwan, Pianist Matthias Gmeiner und Nikisch selbst wurden zum Kabarett Statt-Theater.

Das Statt-Theater-Ensemble 1981 (von oben): Cornelia Bergler, Peter Nikisch, Eva Schwan, Wolfgang Maier (l.) und Madeleine Streiber (r.) und Matthias Gmeiner Fotos: Statt-Theater / Kurtz


„In den ersten vier Jahren hatten wir eine erhebliche Fluktuation“, erzählt Nikisch. Pianist Eberhard Geyer kam hinzu, der später erneut für viele Jahre Ensemblemitglied war, – und Inge Faes, unverzichtbare Charakterfrau der sich durchsetzenden Quartett-Besetzung. „Die haben eine Frau gebraucht, die gut singt. Von Qualität war nie die Rede“, spöttelt Faes. „Ich habe gesagt, ein Jahr schau ich mir das an.“ Und sie blieb. Das war noch zu der Zeit, als das Ensemble überall auftrat, „wo sich ein Wirt erbarmt hat“. Personelle Wechsel gab es immer wieder: Von 1985 an war Wolfgang Köppl eine prägende Gestalt, bis er 2000 krankheitsbedingt ausschied. Rainer Hasinger war viele Jahre dabei und wurde von Tobias Ostermeier abgelöst. Zuletzt gesellte sich zum Trio Ostermeier-Faes-Nikisch Matthias Leitner am Klavier dazu.

„Schon in den ersten Jahren waren es mehr die überregionalen Themen“, sagt Nikisch. „Kleinigkeiten wie Wackersdorf“, ergänzt Faes staubtrocken. „Durch unser ,Best of‘-Programm haben wir gemerkt, dass viele unserer Themen immer noch virulent sind“, sagt Nikisch. Zur Gesundheitsreform gebe es rund zwölf Szenen. „Wir haben schon vor 15 Jahren oder länger über Luftverschmutzung und Klimaerwärmung gesprochen“. „Auch über die Überalterung, zu wenig Kinder“, ergänzt Faes. „So gesehen sind 20 Jahre wenig. Gesamtgesellschaftlich – was soll sich da groß tun?“ Von Paarbeziehungen ganz zu schweigen.

Im Gegensatz zu den Themen hat sich das Kabarettmachen in Zeiten allgegenwärtiger Comedy schon gewandelt. Viel schneller auf den Punkt kommen müsse man, sagen Faes und Nikisch, der die Texte für alle Programme schreibt. „Man muss heute raffinierter sein“, sagt Faes, und „hinterhältiger“, sagt Nikisch. „Früher hat es genügt, zuzuhören. Da musste nicht immer gleich gelacht werden.“ Der Mauerfall hat es den Kabarettisten nicht leichter gemacht. „Ein feststehendes Wertesystem ist den Bach runtergegangen.“ Und auch die Feindbilder stimmten so nicht mehr.

Das Publikum ist vielschichtiger geworden. „Kürzlich war eine Gruppe junger Männer in ‚Langsam wird‘s eng‘“, sagt Faes. Die hätten sich in dem Frauenstück köstlich amüsiert. „Meistens kommen Frauen und nehmen ihre Männer mit“, schildert Nikisch den Normalfall. „Später sind die froh, dass sie dem Zwang ausgesetzt waren.“